Fuldaer Informationsdienst für angewandte Gesundheitswissenschaften und klinische Praxis
[erstellt 09/Apr/2008] [aktualisiert 24/Mrz/2010]
Kann bei einem achtjährigen Kind mit einem Spitzfuß, der nicht durch eine infantile Cerebralparese (ICP) bedingt ist, durch die zusätzliche Injektion von Botulinumtoxin A die progrediente Einschränkung der Dorsalextension im Vergleich zur ausschließlich konservativen Therapie verlangsamt bzw. verhindert werden? Und welche Risiken birgt die Injektion von Botulinumtoxin A bei einem Kind?
Botulinumtoxin A (Wirkstoff: Clostridium botulinum Toxin Typ A) ist ein Medikament, das sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern außerhalb der zugelassenen Indikationen häufig zum Einsatz kommt. Ein solcher Off Label Use meint die Verwendung eines Fertigarzneimittels in Bereichen, die über die zugelassenen Einsatzgebiete (Indikationen) hinausgehen [1].
In Deutschland sind von insgesamt sieben Präparaten mit Botulinumtoxin Typ A zwei Präparate desselben Herstellers für die Therapie des Spitzfußes mit infantiler Cerebralparese (ICP) (Botox® 50 und Botox® 100) zugelassen [2; 3]. Andere Präparate wie bspw. Dysport®, Xeomin® und ein Präparat mit Botulinumtoxin Typ B (Neurobloc®) sind für andere Indikationen zugelassen, die thematisch mit der Fragestellung nicht im Zusammenhang stehen. Zu bedenken ist grundsätzlich, dass zwischen den Präparaten Botulinumtoxin Typ A Unterschiede bestehen: Die Wirkstärke und die Anteile nicht-toxischer Proteinanteile (Komplexproteine) führen jeweils zu anderen pharmakologischen Eigenschaften.
Es konnten ausschließlich klinische Studien in den Datenbanken EMBASE/MEDLINE, Cochrane Library zur Wirksamkeit des Wirkstoffs Clostridium botulinum Toxin Typ A identifiziert werden, der bei der Behandlung des Spitzfußes bei Patientinnen und Patienten mit infantiler Cerebralparese injiziert wurde (14 RCTs nur mit jeweils Kontrollgruppe Placebo und drei prospektive Kohortenstudien).
Das Rechercheergebnis entspricht dem deutschen Zulassungsstatus des Präparates Botox®. Die Anwendung des Präparates ist bei fokaler Spastizität in Zusammenhang einer dynamischen Spitzfußstellung infolge von Spastizität bei (gehfähigen) Patientinnen und Patienten mit infantiler Cerebralparese, die älter als zwei Jahre sind, zugelassen [2; 3]. Individuelle Dosen müssen berechnet werden. Eine Behandlung mit Botox® kann bei einer Spitzfußstellung, die nicht auf ICP zurückzuführen ist, nur bei einer Off Label Use-Indikation erfolgen. Das primäre Therapieziel ist die Herbeiführung eines tonusreduzierenden Effekts an der Skelettmuskulatur, um weitere Verfahren einleiten zu können. Die Behandlung mit Botox® bei Spitzfuß mit ICP gilt international als etabliert – allerdings nur in einem multimodalen Therapiekonzept, das alle beteiligten Gesundheitsberufe mit einbezieht [4]. Die Behandlung und vor allem Dosisfindung mit Botulinumtoxin Typ A sollte von erfahrenen Ärzten und Ärztinnen durchgeführt werden.
Unerwünschte Ereignisse, die die zudem Rückschlüsse auf eine Langzeittherapie zulassen, könnten aufgrund der Studienlage nur für die Behandlung des Spitzfußes mit Clostridium botulinum Toxin Typ A bei Kindern mit ICP recherchiert werden. In einer systematischen Übersichtsarbeit von Albavera-Hernández et al. aus 2009 wird entlang der Analyse von 20 randomisierten, kontrollierten Studien berichtet, dass häufig folgende Nebenwirkungen bei Kindern mit ICP-bedingtem Spitzfuß unter einer Behandlung mit Botulinumtoxin Typ A auftreten: Atemwegsinfektionen, Bronchitis, Asthma, Pharyngitis, Myalgien (Muskelschmerzen), Sturz, Krampfanfälle, Fieber, unspezifische Schmerzen und Harnkontinenz [4; 5].
EMBASE/MEDLINE, Cochrane Library, CINAHL, National Library of Guidelines, Internetrecherchen, Fachinformationen
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