Fuldaer Informationsdienst für angewandte Gesundheitswissenschaften und klinische Praxis

Subkutane Flüssigkeitszufuhr bei leichter bis mäßiger Dehydratation Pflegebedürftiger

[erstellt von Christoph Petri am 09/Mar/2012]

Frage

Ist die subkutane Infusion eine aktuelle evidenz-basierte Maßnahme, um eine geringe Dehydratation bei älteren Menschen auszugleichen?

Hintergrund

Die Versorgung von älteren Menschen mit genügend Flüssigkeit und die Aufrechterhaltung des ausgeglichenen Flüssigkeitshaushaltes beanspruchen die betreuenden Pflegekräfte. Um Bewohner/innen in Pflegeeinrichtungen Unterstützung beim Erreichen einer ausreichenden Trinkmenge zu geben, sind erhebliche zeitliche und personelle Ressourcen notwendig. Bei Nicht-Erreichen einer ausreichenden Trinkmenge folgen meist Dehydratation oder Anzeichen der Exsikkose, Obstipation, Thrombose, Nierenschädigungen etc. 21.529 Menschen über 65 Jahre wurden im Jahr 2000 aufgrund von Volumenmangel (ICD-10 E86) in ein deutsches Krankenhaus eingewiesen. Im Jahr 2010 stieg die Zahl auf 76.958 an [1].

Antwort

Zur Beantwortung der Frage wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Zwei relevante klinische Leitlinien aus Australien und Wales [2, 3] sowie zwei systematische Übersichtsarbeiten [4, 5] konnten identifiziert werden. Die australische Guideline des Nothern Sydney Central Coast Health [2] empfiehlt eine subkutane Rehydrierung (Hypodermoclysis) als geeignetes Mittel, um eine milde bis moderate Dehydrierung auszugleichen. Vor dieser Maßnahme hat jedoch die Evaluation der Ereignisse, die zu einer Dehydratation geführt haben, Vorrang. Auch sollte die Medikation des Patienten sorgfältig betrachtet werden, um diese als Ursache auszuschließen. Die orale Aufnahme von Flüssigkeit sollte stets Vorrang haben.

Ausschlusskriterien für eine subkutane Infusionstherapie können sein [2]: Notwendigkeit einer raschen Volumensubstitution, Schock, hämodynamisch-instabile Patienten, Elektrolytstörungen, Nierenfunktionsstörungen, Gerinnungsstörungen, Kachexie und andere Gründe, die eine genaue Flüssigkeitsbilanzierung erfordern.

Die walisische Clinical Guideline des NHS South Gloucestershire [3] empfiehlt ebenfalls eine subkutane Infusionstherapie, falls kurzzeitig keine ausreichende orale Flüssigkeitsaufnahme gewährleistet werden kann wie zum Beispiel bei Diarrhö, Emesis oder Fieber. Auch bei Patienten/innen mit Dysphagie (Schluckstörung) und/oder kognitiven Einschränkungen sowie in der palliativen Pflege sollte eine subkutane Flüssigkeitsgabe in Betracht gezogen werden. Die Gründe für die Nicht-Anwendung der Infusionstherapie decken sich mit denen in der australischen Leitlinie.

In beiden Leitlinien wird die subkutane Flüssigkeitsgabe gegenüber einer intravenösen Gabe als weniger komplikationsreich beurteilt. Die häufigsten Nebenwirkungen seien Ödeme der Haut, lokale Entzündungen und Schmerzen an der Einstichstelle. Diese treten jedoch nur selten auf [3] und stehen mit der Geschwindigkeit der Flüssigkeitszufuhr in Verbindung.

Die australische Leitlinie hat auch den Wissensstand aus zwei systematischen Reviews [4, 5] aufgenommen, in denen sowohl randomisierte kontrollierte Studien als auch Kohortenstudien kritisch ausgewertet wurden. In dieser Leitlinie (wie auch in den systematischen Übersichten) wird als Infusionslösung eine 0,9 %ige Kochsalzlösung empfohlen, wenn keine Schwankungen des Elektrolythaushaltes zu erwarten sind. Maximal sollten 1500 ml in 24 Stunden über eine Einstichstelle gegeben werden, das heißt auf zwei Seiten können maximal drei Liter Flüssigkeit zugeführt werden. Oberarm, Oberschenkel, Brust und Bauch sind die bevorzugten Areale einer Hypodermoclysis. Empfohlen wird eine Infusionsrate zwischen 40 ml bis 80 ml pro Stunde. Die Infusion ist möglichst über Nacht zu geben, um die Mobilität während des Tages nicht einzuschränken. Die Anwendungszeit sollte drei bis sechs Tage nicht übersteigen.

Entlang der evidenzbasierten Literatur zeigt sich zusammenfassend, dass die subkutane Infusion zur Vermeidung einer milden bis moderaten Dehydratation bei älteren Menschen eine geeignete Methode darstellt.

Literatur

  1. Gesundheitsberichtserstattung des Bundes. Statistisches Bundesamt, 2012. Online verfügbar unter http://www.gbe-bund.de (Zugriff: 21.01.2012).
  2. Nothern Sydney Central Coast Health: Subcutaneous Hydration Adult in the Community. Clinical Guideline – Acute Post Acute Care (APAC). Hrsg. von New South Wales Ministry of Health (Stand 12/2010). Abrufbar unter: http://gpnn.org.au/wp-content/uploads/2011/06/APAC-Guidelines-Dehydration.pdf (Zugriff: 22.02.2012).
  3. Griffiths, A. (2012): Clinical Guidelines for Subcutaneous Infusion (Hypodermoclysis). Hrsg. von NHS South Gloucestershire. National Health Service (Stand 7/2010; nächste Aktualisierung 5/2012). Abrufbar unter: http://www.sglos-pct.nhs.uk/clinical/SubcutaneousInfusionv1.3July2010.pdf (Zugriff: 22.02.2012).
  4. Remington, R.; Hultman, T.: Hypodermoclysis to Treat Dehydration: A Review oft he Evidence. Journal of the American Geriatrics Society 2007, 55 (12): 2051-2055.
  5. Rochon,P.A.; Sudeep, S.G.; Litner, J.; Fischbach, M.; Goodison, A.J.; Gordon, M.: A Systematic Review of the Evidence for Hypodermoclysis To Treat Dehydration in Older People. Journal of Gerontology: Medical Sciences 1997, 52A (3): MI69-MI76.

Suchanfragen in Datenbanken/Informationsquellen

CINAHL, The Cochrane Library, MEDLINE (Pubmed), EMBASE, freie Suche im Internet

Verwendete Suchbegriffe

infusions subcutaneous, hypodermoclysis, dehydration, guideline

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http://www.findax.de/downloads/subkutane-fluessigkeitszufuhr.pdf

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